DAS DFB-TEAM ALS SPIEGELBILD UND VORREITER VON WIRTSCHAFT & GESELLSCHAFT
von Daniel Mack & Dieter Janecek
Für einige hat die Fußball-Nationalmannschaft heute immer noch etwas Bedenkliches. Fußball und dumpfer rechter Nationalismus gepaart mit männerbündischen Strukturen und Fremdenfeindlichkeit – das ist ein Phänomen, das längst nicht komplett ausgeräumt ist und vom Bolzplatz bis zur Bundesliga noch intensiver Prävention und Aufklärungsarbeit bedarf. Gerade deshalb ist es aber eine positive Entwicklung, wenn die überwältigende Mehrheit unserer Gesellschaft durch ihre weltoffene und unbefangene Freude an dem gemeinsamen Mega-Erlebnis einer Fußball-WM das vermeintliche Kräftemessen der Nationen in das umdeutet, was es längst ist: ein globales Fest der Kulturen mit einer geballten Vielfalt, die in dieser bildwirksamen Form einmalig ist. Eine Männer-WM, die auch ein Vorgeschmack auf die Frauen-Fußball-WM 2011 ist, dann wieder in unserem Land.
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist das Abbild einer modernen weltoffenen Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Unsere Spieler haben Wurzeln in Nigeria, Tunesien oder Ghana, sind in Polen, Bosnien oder Brasilien geboren, oder hätten ebenso für die Türkei oder Spanien auflaufen dürfen, haben sich aber für Deutschland entschieden. Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist zu einem Team geworden, wie es sich bei bei jeder Pause einem Schulhof in Deutschland zusammenfindet: eine bunte Mannschaft mit viel Spaß. Was zählt ist auf dem Platz!
Nicht zuletzt durch die in Polen geborenen Miroslav Klose und Lukas Podolski spielte die DFB-Elf vor 4 Jahren den attraktivsten und einen erfolgreichen Fußball bei der Weltmeisterschaft in Deutschland. In Südafrika sind beide wieder dabei. Während es bei der EM 2008 sieben Spieler waren, haben sogar 11 Spieler im 23-köpfigen Multi-Kulti-Kader von Bundestrainer Joachim Löw für die WM in Südafrika einen Migrationshintergrund. In der aktuellen DFB-Elf ist der Anteil der Migranten mit 47 Prozent doppelt so hoch wie in der Bevölkerung mit knapp 25 Prozent. In Deutschland leben viele Migrantinnen und Migranten sowie Zugewanderte, die sich durchgesetzt und integriert haben – so ist das auch in der Fussballnationalmannschaft. Migranten, ein kompliziertes Wort für eine sehr unkomplizierte Generation von jungen Fußballern, deren Herkunft oder Abstammung untereinander und auf dem Platz überhaupt keine Rolle mehr spielt. Serdar Tasci und Mesut Özil haben einen familiären Bezug zur Türkei. Dennis Aogo hat nigerianische, Sami Khedira tunesische, Jerome Boateng ghanaische und Mario Gomez spanische Wurzeln. Piotr Trochowski wurde in Polen geboren, Cacau in Brasilien und Marko Marin in Bosnien.
Es ist möglich und schön, dass sich Integration gesellschaftlich, wirtschaftlich und sportlich lohnt. Das schwarz-rot-bunte Team bringt durch das authentisches Auftreten, die tolle Spielweise und die multinationalen Wurzeln auch viele MigrantInnen in Deutschland mit türkischem (Tasci, Özil), polnischem (Trochowski, Klose, Podolski) oder tunesischem (Khedira) Hintergrund dazu, das DFB-Team anzufeuern und die Spiele zu feiern oder gemeinsam mit vielen Anderen um das Erreichen der nächsten Runde zu bangen.
Es muss das Ziel sein, dass sich mehr Zugewanderte für eine Einbürgerung
entscheiden, weil sie sich mit dieser Gesellschaft und diesem Staat identifizieren. Der Fußball macht vor, was Wirtschaft, Politik und Wissenschaft noch vor sich haben: Sie müssen Blockaden aufbrechen und Türen für Migranten öffnen – auch in den oberen Etagen und Spitzenpositionen. Ob Sprachkenntnisse, Kreativität, soziale Kompetenz oder Risikobereitschaft: Wirtschaft und Gesellschaft ignorieren noch viel zu häufig die Potenziale von Migrantinnen und Migranten.
Quelle: http://blog.dieter-janecek.de/2010/06/19/schwarz-rot-bunt-ein-fest-der-kulturen/
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